2022 – Das Jahr in NRW

WDR 2022, 45 Min.

Autor:  Lothar Schröder, Kamera: Dierk Fechner, Redaktion: Monika Pohl, Ann-Christin Gertzen

 

Auch 2022 begann mit einem Corona-Durcheinander. Während die Impfgegner in immer größeren Gruppen lautstark durch die Straßen zogen, mussten SchülerInnen morgens erstmal zum Lolli-Pool-Test antreten. Langes Warten auf Ergebnisse, Tausende in Quarantäne und Eltern sollten es sportlich sehen?

Neue Namen im Wintersport: Hanna Neise und Laura Nolte aus Winterberg holten bei der Winterolympiade überraschende Goldmedaillen im Bobfahren.

Neue Namen auch an der Wetterfront: Ylenia, Zeynep und Antonia waren Stürme, die das Land im Februar durchschüttelten. In Essen brannte ein ganzer Wohnblock nieder, weil der Sturm ein kleines Balkonfeuerchen großblies. 128 Menschen verloren ihr Zuhause.

In der Rubrik „Tiere, die hier nicht hingehören“ wurde im Rhein bei Düsseldorf ein Seehund entdeckt. In Hagen saß ein unbekanntes Wildschwein zum Schrecken der Bewohnerin plötzlich auf dem Sofa.

Dann brach in der Ukraine der Krieg aus und alles war anders. Eigentlich sollte der Rosenmontagszug in Köln ausfallen, damit nicht so viele Menschen zusammenkämen. Dann waren es doch 250.000, die am Rosenmontag in Köln spontan und vielfach verkleidet gegen den Krieg demonstrierten.

Zwar nicht die Friedenstaube, aber immerhin die Brieftaube wurde zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.

So viele Menschen wie nie hatten das Bedürfnis etwas für den Frieden zu tun. Von überdimensionalen Peace-Zeichen auf Ackern, Schulhöfen und Brücken bis zu praktischer Hilfe für geflüchtete Ukrainer, Spenden für Transporte und Autokonvois mit Hilfsmitteln an die Grenze – NRW war in Bewegung.

Und das war manchmal gar nicht so einfach. Autofahren wurde durch steigende Spritpreise immer teurer. Bahnfahren durch das 9-Euroticket für drei Monate billiger, aber einen Platz hatte man in völlig überfüllten Zügen nicht sicher. Und am Flughafen flog vielen Reisenden nach langen Stunden Wartezeit der Flieger vor der Nase weg, weil die Abfertigung wegen fehlendem Sicherheitspersonal zäh wie Kaugummi voranging.

NRW hatte übrigens Landtagswahl und gewonnen haben die Schwarzen und die Grünen, die prompt eine Koalition gründeten. Alter, aber erstmals gewählter Ministerpräsident: Hendrik Wüst.

So richtig verwüstet wurde das Land fünf Tage später. Zumindest Ostwestfalen spürte die Stärke eines Tornados, der mit bis zu 250 km/h über Lippstadt, Höxter und vor allem Paderborn jagte und zahlreiche Dächer mit sich nahm.

Elf Wochen streikten die Mitarbeiter der Universitätskliniken in NRW. Nicht etwa für mehr Geld. Sie wollten schlicht menschenwürdige Arbeitsbedingungen und Zeit für die Patienten. Es war der längste Streik im NRW-Gesundheitswesen – 10.000 Operationen mussten deswegen verschoben werden. Die Einigung: ab 2023 soll alles besser werden.

Arschbombencontest, Badewannenrennen, Zoobecken-Challenge – die Leute machten im Juli alles um ins Wasser zu kommen. Emsdetten meldet den Hitzerekord von 40 Grad im Schatten, aber andere lagen fast gleichauf. Es war nicht nur sehr heiß, sondern lange heiß und vor allem trocken. Braune Wiesen, ausgetrocknete Bäche, große Strände am extrem flachen Rhein. Alle sehnten sich nach Regen, wann gibt es das schonmal.

Es gab endlich wieder Großveranstaltungen: Cranger Kirmes, Gamescom, 50jähriges Bühnenjubiläum von den Bläck Fööss und den Höhnern.

Damit war die Freude aber auch schon fast vorbei. Die Rückkehr des FC Köln in den internationalen Wettbewerb endete in Nizza in einer hässlichen Massenkeilerei.

Zeit der Abschiede: viele Briten in NRW trauern um ihre Königin, die mit 96 Jahren verstarb.

Der letzte Bewohner von Lützerath verließ seinen Bauernhof nachdem die Regierung den Abriss des Dorfes – zu Gunsten anderer Dörfer, die nun stehen bleiben – beschlossen hatte. Allerdings ist Lützerath längst zum Symbol des Widerstandes geworden.

Nur Kardinal Woelki denkt nicht an Abschied, obwohl sich die jungen Ministranten aus Protest mit dem Rücken zu ihm in die Predigt setzten. Ein Eklat.

Manche Dinge können sich in diesem Jahr also noch entwickeln oder man sieht sich wieder im nächsten Jahr.

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