Die Flutkatastrophe 2021

Autor: Lothar Schröder, Kamera: Dierk Fechner, Redaktion: Adrian Lehnigk, Ann-Christin Gertzen, Thomas Niemietz(SWR)

Es war das schlimmste Unwetter seit Jahrzehnten. Und es wurde unterschätzt. Starkregenmengen bis zu 200 Liter auf den Quadratmeter waren vom Wetterdienst angesagt, doch weil sie sich niemand vorstellen konnte, wurden sie zur Katastrophe.

Kleine Flüsse in NRW und im Ahrtal, die gewöhnlich einen Wasserstand von 30-80 Zentimeter haben, schwollen auf eine Höhe von bis zu neun Meter und wurden zu reißenden Strömen, die nicht nur Autos, Bäume und Brücken mit sich rissen, sondern ganze Häuser.

Es begann in der Nacht zum 14. Juli. Ein Regenband über das Sauerland, über Hagen bis in den Düsseldorfer Raum brachte unaufhörlich starken Regen über die Regionen. Der Sommer war ohnehin verregnet, die gesättigten Böden konnten kein Wasser mehr aufnehmn, alles ging in die Flüsse und die traten bald über die Ufer. Die Katastrophe nahm ihren Lauf.

Nach Tagesbeginn weitete sich das Tief aus; in Köln, im Aachener Raum, in der Eifel. Euskirchen, Bad Münstereifel, Stolberg, Rheinbach wurden am 14. Juli von Wassermassen verwüstet. Erft, Vicht, Volme, Lenne & Co – Flüsse, die bislang kaum jemand kannte, erlangten traurige Berühmtheit.

Den umliegenden Regionen hätte es eine Warnung sein müssen, aber auch hinter der Grenze nach Rheinland-Pfalz wurden die Hinweise nicht rechtzeitig weitergegeben. In den Abendstunden erreichte die Welle das Ahrtal, ein Dorf nach dem anderen wurde geflutet, von Schuld bis nach Bad Neuenahr.

Die Menschen flüchteten auf die Dächer ihrer Häuser, wo sie oft die ganze Nacht aushalten mussten, bevor Rettung per Hubschrauber kam – sofern das Haus noch stand. Über 180 Menschen verloren durch das Unwetter ihr Leben, wurden von der Strömung mitgerissen oder im Keller bzw. Tiefgaragen von dem blitzartigen Anstieg des Wassers überrascht.

Tausende Menschen hatten ihr komplettes Hab und Gut verloren, doch was nun folgte, gab ihnen die Hoffnung zurück. Menschenmengen aus ganz Deutschland strömten in die Flutgebiete, um ungefragt und unentgeltlich beim Aufräumen zu helfen, Schlamm aus den Häusern zu schippen, Müll zu schleppen und die Betroffenen mit einem offenen Ohr zu trösten.

Gerade junge Leute trafen sich auf Zeltplätzen in Helfercamps und verbrachten ihren Jahresurlaub in Schlamm, Fäkalien und Staub. Auf der Sinn-Suche im Leben, hatten sie einen Anker gefunden.

Heerscharen von Landwirten kamen mit ihren Schleppern, um die Straßen frei zu räumen und ließen die heimische Ernte von Helfern erledigen.

Auf der anderen Seite sorgte eine zweite Flut, eine Spendenflut, für volle Kassen, um Menschen, die nichts mehr hatten, zu helfen.

Viele Dörfer gleichen Ghostowns, ausgehölte Fassaden, die über den Winter trocknen müssen. Nicht alle können in ihre Häuser zurückkehren. Flutgebiete sollen dem Wasser zukünftig Platz bieten sich auszubreiten, ohne Schaden anzurichten. Jeder weiß inzwischen, dass es solche Unwetter durch den Klimawandel künftig häufiger geben wird.

Die Dokumentation zeigt einerseits eine Chronik der Ereignisse, andererseits aber auch das Leid einzelner Betroffener und schließlich den einzigartigen Spirit der Hilfsbereitschaft, der den Menschen – nach der Zeit der Corona-Isolation – den Glauben an ein Miteinander zurückgegeben hat.

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